Nunmehr im Pilcher- Land angekommen, geht es mit der Verpilcherung ungebremst weiter, um genauer zu sein, je weiter wir uns Richtung Westen begeben, umso schlimmer wird es...
Da wir am Vortag ja erst relativ spät auf unserem Campingplatz angekommen waren, blieb uns nicht mehr viel Zeit, das reichhaltige kulturelle Angebot zu nutzen, welches die Gegend um Corfe Castle zu bieten hat.
Den Abend haben wir daher mit Blogschreiben, trinken und Sternegucken verbracht, wobei letzteres eher eine sekundäre Rolle spielte, nämlich immer dann, wenn wir versuchten unsere Tränen zu trocknen und unseren Verstand abzulenken, weil wir uns vor Lachen gekugelt haben. Die Kugelei sollte noch bis spät in die Nacht anhalten, selbst dann noch, als wir schon längst in den Betten lagen. Der Bauchmuskelkater war vorprogrammiert.
Mit einem Lachen im Gesicht sind wir am Morgen des Montags, 13.09.2010 (Happy Birthday, Uli und Jens!)aufgestanden und in die Duschhäuser gewandert.
Der Nachteil, wenn man –so wie wir- auf einen malerischen Stellplatz auch innerhalb der Campingfläche Wert legt, ist, dass man stets einen minutenlangen Fußmarsch zum Klo einrechnen muss. Und da Frauen ja sowieso immer zu zweit das Örtliche aufsuchen, blieben auch wir diesem Klischee treu. Wenn nämlich Katrin sich erhebt und die abenteuerliche Stiege ins Erdgeschoss halb hinab fällt, und auch gern mal mit der Hose (ob Unter- oder Pyjama-) leise fluchend am oberen Ende der Kletterkonstruktion hängenbleibt, so wird auch Pia wach.
Und wenn Pia aus ihrer Sargecke behände über Katrin hinweg zu steigen sucht, um an diesem dubiosen Leitergestell abwärts zu gelangen, war es zunächst ein RUMPS –Autsch!, gefolgt vom sportlichen Drüberher -mit einem halb gestreckten Bein die Leiter erreicht, während das andere hinterher zu ziehen der oben anstoßende Kopf dem einen Strich durch die Rechnung macht und man dann auf Katrins Kniegelenken sitzenbleibt.
Da es sich folglich nicht umgehen lässt, dass man sich gegenseitig wach macht, nutzt die andere dann gleich auch die Gelegenheit das Klo aufzusuchen.
Jedenfalls stellten sich die Wasch- und Erleichterungsgelegenheiten in Woody Hyde als ein grün-gelb gestrichenes Albtraumszenario dar. Unweigerlich fühlte man sich an die Gemeinschaftsduschen von Zeltlagern und Jugendherbergen zurück erinnert. Die Klos sind viel zu niedrig und die kleine Räumlichkeit viel zu eng. Abzuschließen waren von diesen acht Sitzkammern etwa nur drei. Wenigstens hatten sie überhaupt Türen.
Die Luft im Inneren mischte sich aus diesem klassischen Großraumputzmittel von dem man immer Kopfschmerzen bekommt, wenn man sich in dem Dunst länger als zwei Minuten aufhält, und den abgestandenen Feuchtemuff, vollgesogen von den Holzbalken der Dachkonstruktion, begleitet von verstaubten Wasser(?!)-Rohren und Spinnennetzen, die sich von den 70er Jahre-Neonröhren bis zur Oberkante Fliesenspiegel grätschten. An den Fliesen selbst würde sogar ein qualitativ hochwertiger Spinnenfaden nicht halten, er wäre glatt abgerutscht. Die Fliesen in den zu engen Duschkabinen waren entweder mal Weiß oder von Natur aus Vanillefarbend und waren allesamt mit einem kalt-klammen Schleier belegt. Diese in der ohnehin schon viel zu engen Kammer zu berühren, kommt ungefähr dem Erlebnis eines kalt-nassen, flatternden Duschvorhanges von fremden Leuten gleich, der sich dem Duscher immer ans Bein saugt. Chllppp.
Man kennt ja das Phänomen der Zweihand-Mischhähne für Hot und Cold, welches hier in England so verbreitet ist. Prinzipiell ist auch unsere Begeisterung dafür uneingeschränkt, aber das gilt nicht für die Situation, wenn man völlig unbekleidet (von den Flipflops mal abgesehen) und hilflos unter einem in 2.30 Meter Höhe angebrachten unbeweglichen Duschkopf steht und ihn mit großen erwartungsvollen Augen beobachtet, weil man einfach nicht weiß was da gleich herauskommt. Ist es siedend heiß oder eiskalt? (Gas oder Brühe? -das Ambiente passte.) Jedenfalls nicht die gemütliche Duschtemperatur, die man von zu Hause gewohnt ist. Fest stand, dass zur Seite springen oder weglaufen in dieser Kammer auch keinen Sinn machte.
Heute wollten wir uns aber auch endlich den Ort Corfe Castle in Ruhe anschauen. Nach dem Duschabenteuer und Frühstück begaben wir uns in das Dorf, welches insgesamt vom National Trust betreut wird, und erklommen zunächst die Ruine des Schlosses, die das Landschaftsbild der Umgebung stark prägt.
Welch‘ dramatische Szenen sich hier abgespielt haben… Hier wurde sich ein Knöchel verstaucht, dort wurde viel Wertvolles geredet (ähnlich wie an den Klippen selbst) und noch weiter hinten wurden unter Vernunft und zahllosen Tränen sämtliche Großlieben beendet, während im Hintergrund der Dampfzug zischend und pfeifend über die steinerne Bogenbrücke am sanften Hügelgrün entlang kesselte.
Nach einer kurzen Dorfbesichtigung schlenderten wir wieder gemütlich zu Schakkeline zurück, die am Dorfrande schon auf uns wartete. Den anspruchsloseren der beiden Wege Richtung Lulworth/Dorchester/ Weymouth ignorierten wir, denn wir lieben ja die Herausforderung. Dennoch muss man von Glück reden, dass die Straße über die Hügelkrone zu dem Zeitpunkt auf Grund von Militärübungen gesperrt war, denn bei Gegenverkehr rückwärts berghoch zu schlängeln, stand auf unserer WoMo- Fahrkunstwunschliste nicht ganz oben…
Wir zogen die andere einspurige und eng begrünte „nahezu schon Gasse“ vor, die im Übrigen nicht minder abenteuerlich war.
Quer durch eine idyllische Militärheidelandschaft - die gepanzerten Gefechtsfahrzeuge darin ließen sich hinter jedem violetten Heidekraut vermuten. Der Durchfahrer durfte um Gotteswillen nicht anhalten und musste sich auf „sudden gunfire“ einstellen. Dadurch bekam der beschauliche Ferienort eine besondere Note, wenn der erholungssuchende Urlauber Samstags Nacht durch eine Truppenübung aus seinem Bett bombadiert wird. Aber dennoch scheinen diese „Bombenstimmung“ und die vorörtlichen Militärbarracken dem Dorf Lulworth (East und West) nichts anhaben zu können.
Weiter ging es zur „Durdle Door“, unweit von Lulworth, womit wir einen ganz berühmten Strand kennenlernen durften. Und hier ist nicht nur die Rede von Rosamunde Pilcher, sondern auch von etlichen anderen englischen Filmen, die hier eine ideale Location fanden.
Wir scheuchten Schäkki bis hoch auf den Parkplatz auf den Klippen; die Parkpreise waren horrend und unter zwei Stunden Parkdauer lief gar nix. Die aufkommende steife Brise nahmen wir wohlwollend in Kauf. Der Weg hinunter war so steil, dass man auch ebenso gut hätte von der Klippe springen können. Zuerst erreichten wir auf dem Schotterweg die erste Bucht, auf die wir hinab schauen konnten. Den Weg weiterverfolgend kamen wir auch zu der zweiten Bucht mit der „Durdle Door“. Zunächst standen wir zwischen diesen beiden Buchten. Der Anblick war einfach atemberaubend! Hier wurde landschaftlich nicht übertrieben! Natürlich wollten wir es uns nicht nehmen lassen, den Strand selbst mal entlang zu schlendern um die romantischen Gelage von Wayne, William und Morris mit Joanna, Grace und Lucinda nachempfinden zu können. Wer hier mit einem Mann an der Seite keinen Heiratsantrag bekommt, hat wohl alles falsch gemacht…
Sogar wir erspähten vom Strand aus einen einsam umher wandernden Herrn auf dem Klippenpfad über unseren Köpfen und wollten uns gerade schon die Knöchel verstauchen ob der Tatsache, dass es offenbar wirklich Männer gibt, die sich in ihren Gedanken zu den Klippen aufmachen, wo sie ja in der Regel ihrer Traumfrau begegnen, als der Herr weiter in Erkennungsnähe kam, so dass wir seinen Wanderrucksack und die grauen Haare ausmachen konnten. Damit war dieser Traum geplatzt.
Viele Fotos später machten wir uns auf den Rückweg zum Wagen. Bisher den Aufstieg erfolgreich verdrängt, scheiterten wir schon fast an der steilen Treppe vom Strand zum Schotterweg, aber der schlimmste Teil sollte ja erst noch kommen, nämlich die gefühlte Steigung von 47%; zwiebelnder Hintern, Atemnot und Gegenwind waren im Erlebnis mit inbegriffen. Komischerweise wird dieses Detail in den Filmen übergangen. Kein Mensch zeigt, wie man zu diesem Traumstrand und wieder zurück kommt…Nunja, ein japsender Morris oder eine keuchende Lucinda brächte wohl drastisch die Einschaltquote nach unten. …Und jeder normal sterbliche Mensch zweifelt an seiner Kondition, wenn er sieht, wie taufrisch die schönen Menschen in wehenden Kleidern auf der höchsten Klippe stehend, ihrem Gegenüber die große Liebe erklären.
Unsere Reise sollte an diesem Tage noch ein wenig weitergehen, denn unser eigentliches Ziel war Seatown bei/ hinter/ unter Bridport und Chideock. Dort erwartete uns das Golden Cap, ein weiterer Küstenstrich, der vom National Trust gepflegt wird. Auf dem Wege dorthin sind wir noch in Dorchester einkaufen gewesen, wo wir übrigens hoffnungsvoll den Laptop anwarfen um die letzten Reiseberichte einzustellen, denn in einer größeren Stadt erwarteten wir mehr Empfang als in den dörflichen Gefilden. So war es auch, zumindest konnten wir die Seite öffnen, aber dann gab der Laptop vollends seinen elektronischen Geist auf. Es musste also warten.
Am Golden Cap waren wir abends um etwa 18.15 Uhr. Wir meldeten uns an und erschlossen unseren grünen Stellplatz, dummerweise mit leichter Hanglage. Unsere englischen Nachbarn waren für solche Fälle gewappnet und hatten ALLE Unterlegkeile für den Ausgleich. Wie gesagt, wir lieben es sportlich, und als erfahrene Segler und Bootler sind auch wir der konstanten Schräglage mächtig. In gewisser Weise erleichtert es sogar das Leben: Die Schubladen gehen von alleine auf ohne dass man selbst daran ziehen muss; man muss nicht mehr zu tief in die Schränke greifen; die Trockentücher an den Schranktüren können das Holz nicht vermodern, weil sie im 20 Gradwinkel abstehen. Nur nachts ist das suboptimal, denn die Füße zeigen in Richtung Abwärts, und so nach und nach rutscht auch der Rest nach während der Hintern sich an der ursprünglichen Stelle zu halten versucht. Maximale Reibung.
(18-6)+(2- ½)+ (6-1)
Meine lieben Fräuleins,
AntwortenLöschenIhr wisst schon, dass Ihr mit Eurem Blog und seiner ständig steigender Leserzahl, tausende von Arbeitsstunden vernichtet, und damit das Bruttosozialprodukt auf Vorkriegsniveau absacken lasst. Aber ich hab selten so gelacht. Und man lernt doch neue Facetten der Lautsprache. Wer hätte je gewußt, dass "Chllppp" die Entsprechung für fremden, nassen Duschvorhang am Bein ist.
Lieber Martin,
AntwortenLöschenwir freuen uns, dass Du uns immer wieder schreibst. Damit haben wir nicht das Gefühl, dass wir nur für die Weiten des Internets schreiben.
Der nächste Blog folgt in Kürze. Allerdings wissen wir noch nicht, wann wir wieder Internet haben.