Sonntag, 19. September 2010

Tag 7: Eine Zweite Chance




Am 16.09.2010, ein Donnerstag, ging unsere Reise zur Abwechslung mal nicht an der Küste entlang, sondern führte uns in den Dartmoor National Park. Da wir den ganzen Tag Zeit hatten um zu unserem neuen Stellplatz in Moortown bei Tavistock zu kommen, beschlossen wir unterwegs ein wenig gebaute Kultur zu bewundern und fuhren zum Castle Drogo, dem jüngsten Schloss in England. Es wurde nämlich im frühen 20. Jahrhundert bis 1930 errichtet.
Natürlich, und wie sollte es auch anders sein, führte eine Single Track Road zu der Gegend in der sich das Schloss befand. Gott sei Dank fuhr vor und hinter uns je ein PKW, so dass jeder Gegenverkehr gezwungen wurde sich rückwärts zu bewegen. Das ist in dem Fall unserer Riesenkiste auch ohnehin viel sinnvoller. Immer waren wir diejenigen, die ausweichen und stehen bleiben mussten; zum Teil geschieht dies aber auch mit größerer Erhabenheit was das Fahren angeht, denn die Engländer brettern in den engen heckenumsäumten Straßen sinnlos und scheinen offenbar eine kindliche Freude daran zu haben, ein ausländisches Fahrzeug in die Botanik zu jagen. Im Vorbeidrücken schauen sie dann listig in unser Führerhaus, während uns der Angstschweiß in Bächen von den Stirnen rinnt und das Herz erst nach dem ersten Stress-Gin Tonic auf dem nächsten Campingplatz wieder zu schlagen beginnt.
Man lernt das Fahren auf eine ganz neue Weise kennen. Wären wir mit Winston hier, dann wäre die Schweißperlensituation aber zweifelsohne umgekehrt…!!
Die Auffahrt zum Schloss war großzügig und man sah das Haus selbst erst dann, wenn man mit einer Eintrittskarte direkt davor steht. Begeistert schlenderten wir durch die Räumlichkeiten, entdeckten das eine oder andere ideale Mitbringsel für die eigenen vier Wände, was stets neue Inspirationen gab, aber die Stehleuchte aus dem Salon für Pia uns das Bücherregal samt Inhalt für Katrin hätten selbst unsere Abstellkammer räumlich überstrapaziert. Vom Dachgepäckträger wollten wir auch Abstand nehmen, da sicherlich noch die eine oder andere Brücke auf uns warten würde. Nachdem wir also das Schloss und seine fantastischen Aussichten begutachten konnten, ließen wir es uns nicht nehmen, im Shop des National Trusts noch ein wenig einzukaufen. Hauptsächlich Bücher und die eine oder andere Postkarte. Pia liebäugelte in der Gartenabteilung mit einer Eisenbank und einem Tisch und Stuhl zur Bereicherung ihres neuen Gärtchens, und kurzzeitig erwägten wir die Sitzgelegenheit im WoMo gegen diese stilvollere Alternative auszutauschen. Der Gedanke wurde aber jäh wieder verworfen, als Pia sich weder für das eine noch für das andere entscheiden konnte. Als dann die Blumentöpfe noch in Erwägung gezogen wurden, schleiften wir uns schweren Herzens zu Schäkki zurück und machten uns erstmal ein Sandwich, bevor wir weiter fuhren.
Was dann kam, konnte keiner ahnen. Es war keine wirkliche Überraschung, als uns plötzlich wieder auf einer single track road befanden. Doch sollte diese Fahrt einprägsam bleiben. Man muss sich diese single Track roads als eine Fahrbahn etwas schmaler als einen normalen Fahrsteifen einer normalen Straße vorstellen. Rechts und links LKW-hohe Hecken, die weder Kurve noch Feld einsehen lassen. Daher ist der Überraschungsmoment bei Gegenverkehr groß. Wir wurden jedoch nicht von Gegenverkehr geplagt (den hätten wir ohne weiteres gnadenlos rückwärts bis ins nächste Dorf geschoben und uns dabei einen Tee gekocht und Plätzchen gegessen), es war eine hinterlistige Heimtücke, die uns auf langsamer Fahrt ereilte, schneller als 30-40 km/h wäre reiner Selbstmord gewesen –zumindest für Schakkeline. Hoch konzentriert darauf achtend, dass man zu beiden Seiten des Fahrzeugs nicht an die Hecken gerät, -Krawumm- und der linke Außenspiegel flatterte im Fahrtwind wie ein luftiges Sommerkleid an Cornischer Küste. Es war als hätte jemand in der Hecke gehockt und aus Niedertracht (vielleicht die rückwärtsgeschobene Frau von gestern?!)einen schlanken Baumstamm 20 Zentimeter aus dem Busch ragen lassen, auf Höhe unseres Außenspiegels. Normale Asterei hätte man ja noch hingenommen, denn das lässt sich mit einem Riesengefährt sowieso nicht vermeiden, aber einen Baumstamm, womöglich gar eine Eisenstange?!? Der Schreck war groß, der Schock saß tief und die Nerven flatterten, während das Hirn immer wieder zur Kaution wanderte. Wir hätten nicht mal stehen bleiben, geschweige denn aussteigen können um den mutmaßlichen Missetäter zu entlarven. An einer geeigneten Stelle hielten wir an und begutachteten den entstandenen Schaden. Der Spiegel war in seinem unteren Schwenkgelenk durchgebrochen. Aus Ermangelung eines Schweißgerätes und sonstiger sich in unserem Arsenal befindlichen Hilfsmittel, hier hätte nicht mal ein Bindfaden oder Regenschirm geholfen, klappten wir den Spiegel ein. Unser Unmut ward geweckt. Von jetzt an bekam jeder Kamikaze-Engländer auf engen Straßen nichts als unsere Misslaune zu spüren, wobei die unflätigen Ausdrücke nie bis zu seinen Ohren vordrangen. Aber innerhalb unserer vier Wände und 1 ½ Spiegel haben wir ihn vernichtet! Außerdem schien der heutige Tag in Sachen Fahren nicht unter einem guten Stern zu stehen. Die Fahrt durchs Dartmoor hielt laufend Hecken und Engpässe parat. Wieso, fragen wir uns, stellt man in der Kurve einer hügeligen geheckten Straße in den Schatten riesiger Bäume direkt an den Fahrbahnrand eine Natursteinmauer auf!?! Natürlich kommt in der Regel in einer solchen Situation Gegenverkehr. Den Bonus von nunmehr geschenktem Platz auf der linken Seite wussten wir gekonnt einzusetzen, denn offenbar haben die werten Landsleute nie gelernt, dass man in einer unübersichtlichen Kurve mit einem entgegen kommenden Fahrzeug rechnen musste, denn sie schnitten die Kurven erbarmungslos. Der schlimmste Schreck, der uns an diesem Nachmittag widerfuhr, war ein Reisebus gigantischen Ausmaßes, der uns in einer Linkskurve, auch leicht schnibbelnd, entgegenkam. Eine Vollbremsung aus unseren 50 km/h, schneller ging es auch hier nur selten, gab uns für den heutigen Tag den Rest.
Glücklicherweise verlief die restliche Fahrt durch den National Park recht übersichtlich, so dass wir auch von der Landschaft viel sehen konnten. Die Weite des Moors mit dem roten Heidekraut, die am Rande grasenden Schafe und Wildpferde(!) beruhigten uns ein wenig, wobei allerdings die Furcht vor einem Schaf im Autogrill nicht gerade zur Entspannung beitrug. Die Viecher legten sich direkt an die Straße oder blieben beim Überqueren einfach darauf stehen. Andere wiederrum nahmen 5 Meter Anlauf und galoppierten mit wehendem Fell von einem Straßenrand zum nächsten. Uns hätte eh nichts mehr schocken können.
Mitten im Moor entdeckten wir die sogenannte „Postbridge“ und in ihrer Nachbarschaft einen kleinen Laden, der Cream Tea zum Mitnehmen anbot. Die Möglichkeit ergriffen wir beim Schopfe und genossen unsere Teatime mit dem zugegebenermaßen nicht allerbesten Creamtea on earth auf dem Parkplatz, bevor wir uns auf die Schlussetappe bis zu unserem nächsten Stellplatz (Langstone Manor)machten.

Kurz vor Tavistock kam schließlich unsere Abfahrt und wir bogen –welch‘ Überraschung- in eine weitere single track road ein. Wollte es denn nie ein Ende nehmen!? Hupend fuhren wir nun in die Kurven und schoben das erste entgegenkommende Auto rückwärts den Berg wieder hinunter. Der Herr am Steuer schien ähnlich gefordert gewesen zu sein wie die Dame in Exmouth, eierte aber ein wenig glücklicher umeinander.

Unser nächster Stellplatz befand sich am Langstone Manor, am Rande des Dartmoors. Es war sehr ruhig und sonnig, ein herrlicher Ort der Entspannung. Im Hintergrund befanden sich die Hügel des Moors mit darauf stehenden rätselhaften Felsbrocken. Unsere erste Tat war also eine kleine Wanderung in die Natur. Natürlich ging es vom ersten Schritt an nur bergauf, aber für die Aussicht von dort oben hielten wir oft inne und genossen selbige inmitten von grasenden und vor uns fliehenden Schafen. Hier und da ließ sich auch mal ein Shetlandpony- großes Wildpferdchen blicken, hautnah live und in Farbe! Als wir auf dem Felsplateau ankamen, konnten wir über die weite und sich verändernde Landschaft blicken, erspähten gelegentlich einen Morris oder James, zumindest in unserer blühenden Fantasie, und machten die Pferde scheu. Die Sonne versank langsam am Horizont während wir eifrig jeden Felsenstapel erklommen um die sich eigentlich nicht wirklich verändernde Aussicht zu genießen, außer dass es immer dämmriger wurde.
Als wir schließlich zu unserem Platz zurückkamen, kehrten wir für ein Essen in die zum Platz gehörende Bar ein und genehmigten uns einen Cottage Pie! Einen richtigen. Endlich. Aber das dazu georderte Cider schmeckte nach Füßen.
Als wir wieder in unserem bescheidenen Heim waren und mehr oder minder gemütlich beisammen saßen, war Pia so freundlich mich unaufdringlicherweise darauf hinzuweisen, dass an dem Vorhang vorm Alkoven eine Spinne saß. Und das sagt sie so einfach. Meine Augen wanderten in die äußerste aller möglichen Augenpositionen, mein Kopf drehte sich um ein paar Grad nach hinten, was vollkommen ausreichte um das Tier in Augenschein zu nehmen. Schneller als man das Wort Achtbeiner aussprechen konnte, hatte ich geschrien (gekreischt eigentlich eher), bin um den Tisch herum auf die gegenüberliegende Bank geklettert und habe weiter geschrien. Pia versuchte mich indes zu beruhigen und ich war dem Allmächtigen dankbar dafür, dass sie sich nicht vor Spinnen fürchtete. Aber dieses Tier, nein Monster, übertraf alle Erwartungen. Man kennt Helga, man kennt Thekla und man kennt Aragog. Vom letzteren als fiktionales Wesen ausgehend, blieb Thekla die uneingeschränkte Herrscherin im Spinnenreich. Wenn Thekla und Aragog Kinderchen bekommen würden, oder vielleicht sogar mittlerweile haben,  wäre diese Kreatur die sich da an unseren Gardinen verging, deren preisgekrönter Nachwuchs. Normalerweise ziehen Spinnen beim Krabbeln ihre zig Beine näher an ihre Körper. Wer weiß, ob diese „Theklaragog“ dies auch schon getan hatte, jedenfalls rannte sie in ihrer vollen Pracht –handtellergroß!!!!!!!!- in unsere Schlafkabine.  Pia stob mit einem der Tuppertöpfe hinterdrein und versuchte dieses Wesen einzufangen, während ich weiter schrie und sprang, es nunmehr überall kribbelte und ich gleichzeitig erleichtert war, Schuhe zu tragen. Komische Sache, aber das muss hier nicht weiter ausgeführt werden.
Das Tier bekam eine zweite Chance und wurde von Pia in der Dose nach draußen –weit weg!- befördert. Hätte ich es gekonnt und einen Backstein in der Nähe gehabt…
Die Nacht verlief unruhig, denn wer einmal hier war, kommt vielleicht zurück!?








4 Kommentare:

  1. Hallo liebste Kati, hallo Pia!! :-) Ich verfolge gespannt eure Berichte und wünsche euch weiterhin viel viel Spaß!! Die Berichterstattung gefällt mir sehr gut und ich wäre jetzt gerne bei euch. Schneuz....
    Kati liebe Kati, ich musste bei den Berichten ganz schön oft arg lachen und wusste oft sehr gut wie du dich dabei gefühlt haben musst, hihi.
    BUSSI, hdl

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  2. huiuuiui, will auch reisen. bzzz.
    ich mag das Bild mit eurem MOTORHOME und dem Riiiesen-Durchgang ;)
    eine Frage: Habt ihr ein GPS handy und markiert euren aktuellen Standort mit Foursquare oder wie bekommt ihr den oberen Standort da hin, der anzeigt wo ihr gerade seid?

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  3. Warum heisse ich Haferschleim?????
    hier ist Ricarda

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  4. Huhu Rici!
    Den Link speichern wir über Googlemap und geben dann die http auf unserer Seite in das entsprechende "Gadget" ein!
    Ja und überhaupt - wieso Haferschleim!??!

    Bussi.

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